Gestern erreichte uns die Rundmail des Bundesverbands Deutscher Berufsjäger (BDB) mit der Bitte, den offenen Brief des BDB-Landesverbandes Brandenburg an Minister Vogel zu veröffentlichen.
Hintergrund ist die Tatsache, dass das Ministerium die näherrückende ASP (Afrikanische Schweinepest) mißbraucht, um einen unglaublichen Feldzug gegen das nicht von der Seuche betroffene Schalenwild zu führen.
Die Aufhebung der Schonzeit für nicht von der ASP betroffenes Schalenwild verstößt gegen grundlegende Prinzipien des Tierschutzes und ist mit einer fachgerechten Jagdausübung nicht mehr in Einklang zu bringen.
Wir kommen daher der Bitte des BDB sehr gerne nach und schließen uns den Forderungen der Berufsjäger in vollem Umfang an – auch wir werden einen solchen “grünen” Zwei-Klassen-Tierschutz nicht mittragen!
Hier der offene Brief:
“Sehr geehrter Herr Minister,
der Landesverband der Berufsjäger Brandenburg widerspricht hiermit den von Ihrem Ministerium in Aussicht gestellten pauschalen Genehmigungen von Schonzeitaufhebung auf wiederkäuendes Schalenwild bis 29.02.2020 und fordert Sie dazu auf, die Jagd- und Schonzeitenregelung nach der erst am 05. Juli in Kraft getretenen Verordnung zur Durchführung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg aufrechtzuerhalten.
Mit der Verordnung zur Durchführung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdDV) vom 28. Juni 2019 wurde die Jagd in Brandenburg an gesellschaftliche und insbesondere auch an wirtschaftliche Bedürfnisse der Landnutzer angepasst.
Unter anderem wurden von den Verfassern der Verordnung die Jagdzeiten auf wiederkäuende Schalenwildarten so geändert, dass die Bejagung optimiert wird und wildbiologische Aspekte Beachtung finden sollten. Dabei ist die Jagdzeit auf wiederkäuendes Schalenwild nun auf Mitte Januar beschränkt, was tatsächlich den physiologischen Anforderungen der Wiederkäuer und somit dem Tierwohl Rechnung trägt. Zudem kann dadurch auch nachweislich dem erhöhten Aufkommen von Verbiss und Schälschäden entgegengewirkt werden.
Genau dieser Personenkreis strebt nun aber mit dem Schreiben Ihres Ministeriums (MLUL-35-2131/9 78 12408/2020) vom 17.01.2020, in welchem Anträge auf Schonzeitaufhebungen für wiederkäuende Schalenwildarten pauschal bewilligt werden sollen, an, unter dem Vorwand der ASP-Prävention, im Zuge von umstrittenen Winter- Ansitzdrückjagden wiederkäuende Schalenwildarten mit zu bejagen, da diese Wildarten ohnehin durch die Beunruhigung großflächiger Jagden tangiert würden.
Dabei ist klar ersichtlich, dass fachlich falsch und handwerklich unbeholfen agiert wird, denn Schwarzwild ließe sich auch ohne personal- und somit kostenaufwändige Ansitzdrückjagden effektiv bejagen.
Revierinhaber, welche es bis Mitte Januar nicht fertig gebracht haben, ihren Abschussplan bzw. den möglichsten Rehwildabschuss zu erfüllen, sollten vielmehr ihre Jagdstrategie kritisch hinterfragen und prüfen, ob der Wildbestand nicht doch geringer ist, als angenommen.
Im Hinblick auf eine effektive Schwarzwildbejagung ist es mit dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zum Betreiben von Schwarzwildfängen und den durch die Durchführungsverordnung ermöglichten Bejagungshilfen umsetzbar, schwerpunktbezogen auf Schwarzwild zu jagen, ohne großflächig Wildlebensräume zu beunruhigen.
Die pauschale Genehmigung von Anträgen auf Schonzeitaufhebung wiederkäuender Schalenwildarten, perspektivisch sogar bis Ende Februar, einem Zeitraum, in dem speziell Wiederkäuer durch Beunruhigung nachhaltig körperlich beeinflusst werden, lässt keine Zweifel mehr aufkommen, dass ausschließlich forstwirtschaftliche Ziele die Entscheidungen des Referates 35 steuern und Tierleid billigend in Kauf genommen wird. Der Auftrag Ihrer Behörde, bei der Entscheidungsfindung auch gesellschaftsethische Belange zu berücksichtigen sowie bei allen ökologischen und ökonomischen Zwängen den Tierschutz aufrecht zu erhalten, und so Bemühungen um das Tierwohl mit einfließen zu lassen, ist nicht mehr zu erkennen.
Vielmehr wird die gesellschaftsübergreifende Sorge um Klima und Fortbestand nachfolgender Generationen als Vorwand genutzt, ungehindert eigennützige Zielstellungen umzusetzen.
Der Landesverband der Berufsjäger Brandenburg erkennt die Bestrebungen, hohe Schalenwildbestände zur Seuchenprävention und zum zukunftsfähigen Waldumbau zu senken, an, fordert jedoch alle Verantwortlichen dazu auf, diese Zielsetzung nur im Konsens mit tierschutzkonformen und zeitgemäßem Handeln umzusetzen. Dabei steht insbesondere der Muttertierschutz und die Berücksichtigung wildbiologischer Erkenntnisse im Vordergrund.
Die Bejagung von wiederkäuendem Schalenwild im Februar ist im Hinblick auf den Tierschutz uneingeschränkt abzulehnen und zeigt nur, dass Ihr Ministerium wider besseren Wissens ethische Belange außer Acht lässt.
Auch wenn die Oberste Jagdbehörde in Brandenburg hauptsächlich von forstnahen Entscheidungsträgern geführt wird, sollten diese die Jagd unvoreingenommen beeinflussen, um dauerhaft glaubwürdig zu sein und so dem demokratischen Grundverständnis entsprechen. Herr Minister, Sie haben sich mit dem Amtsantritt verpflichtet, unserer Gesellschaft durch kluge und weitsichtige Entscheidungen dem Gemeinwohl zu dienen. Das beinhaltet auch den gesellschaftlichen Auftrag, unsere Umwelt, einschließlich der Lebensräume großer Pflanzenfresser, nicht nur als Wirtschaftsgut anzuerkennen, sondern auch als Ökosystem zu fördern, was Artenvielfalt und letztlich auch die Erlebbarkeit von behutsam verwalteten Wildtierbeständen beinhaltet.
Setzen Sie mit der Nichtverlängerung der Jagdzeiten ein Zeichen, ebensolcher klugen und weitsichtigen, den gesellschaftsethischen Anforderungen gerecht werdender Entscheidungen.
Mit hoffnungsvollen Grüßen
Alt Madlitz, den 24.01.2020
ROJ Axel Nitschke
Vorsitzender Landesverband der Berufsjäger Brandenburg”