Mit seiner Pressemitteilung vom 07.08.2020 hat sich der Bundesverband Deutscher Berufsjäger (BDB) zur Reform des Bundesjagdgesetzes, insbesondere zur Reform der Vorschriften zur Jägerausbildung geäußert.
Ginge es nach dem BDB, so gäbe es zukünftig nach bestandener Jägerprüfung einen “Jagdschein auf Probe”, dessen endgültiger Bestand von dem Besuch diverser Praxisfortbildungen -insgesamt 20 Stunden über drei Jahre- abhängig gemacht wird.
Wir sind nicht nur irritiert, sondern auch enttäuscht über diesen Schnellschuss, der das tatsächliche Problem mangelnder Praxis in der Ausbildung nicht nur verkennt, sondern auch nicht einmal im Ansatz löst. Wir hätten von den von uns wirklich sehr geschätzten Kollegen aus dem “Profilager” etwas Konstruktiveres erwartet.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen zukünftig bundesweit mindestens 130 Stunden Ausbildungs (mindest-) Standard sein – was gut und richtig ist. Was der Gesetzgeber jedoch erneut vermissen lässt, ist ein bundeseinheitlicher Ausbildungsrahmenplan sowie eine Festsetzung der Lerninhalte und -ziele.
Hier kann auch Kosmetik in Form eines “Jagdscheins auf Probe” und 20 Stunden (!) zusätzlicher Ausbildung das Problem nicht lösen. Was her muss, sind entsprechend definierte praktische Ausbildungsinhalte, die in einen Rahmenplan einfließen müssen und im Rahmen der staatlichen Jägerprüfung abgeprüft werden können.
Hierbei soll der Geselle nicht gleich zum Meister werden – auch der Jungjäger (und er heißt nicht umsonst die ersten drei Jahre so) kann und muss nicht perfekt sein; die Praxis bringt schließlich die Erfahrung. Pflichtschulungen, die der bestandenen Prüfung nachfolgen, vermögen da wenig zu helfen.
Neben den Mindestinhalten der Jägerausbildung muss auch endlich die notwendige Qualifikation der Ausbilder klar umrissen werden. Die im Gesetzentwurf zu findende Formulierung:
“Ausbilder und Prüfer müssen über die notwendige fachliche Qualifikation verfügen. Die Befähigung zur jagdlichen Ausbildung und zur Ausbildung für die Fallenjagd hat, wer durch persönliche Eignung und fachliche Qualifikation über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt.”
ist ohne jede Aussagekraft und bedarf erheblicher Klarstellungen. Was heißt denn persönliche Eignung und fachliche Qualifikation? Wer will das festlegen und nach welchem Maßstab? Hierbei darf man nicht vergessen, dass die Ausbildung überwiegend durch engagierte Ehrenamtler geleistet wird, die eine sehr gute Arbeit machen und sich bei überhöhten Anforderungen zurückziehen werden.
Auch die leidige Diskussion, ob denn nur der über mehrere Monate sich erstreckende Vorbereitungslehrgang bei den Kreisjägerschaften oder der kompakte dreiwöchige Kurs bei einer Jagdschule das non plus ultra ist, hilft nicht weiter und ist letztlich ein Streit um des Kaisers Bart.
Wäre der Ausbildungs(mindest-)inhalt einschließlich der Praxisteile in einem Rahmenausbildungsplan bundeseinheitlich geregelt und würden die Prüfungsansforderungen entsprechend angepasst, ist es völlig egal, ob sich der Jagdscheinanwärter das Wissen über einen längeren oder kürzeren Zeitraum aneignet, so lange er die Prüfung besteht. Auch beim Führerschein fragt niemand danach, ob dieser über Monate oder einem Ferienkurs in drei Wochen erworben wurde. Ausbildungsinhalt und Prüfung sind stets der- bzw. dieselbe und sollten es bundesweit -von länderspezifischen Ausbildungsinhalten einmal abgesehen- auch sein.
Die Qualität der Ausbildung wird eben nicht allein durch ihren Zeitraum bestimmt, sondern in erster Linie durch die Qualität der Ausbilder und den Möglichkeiten, die sie den Jagdscheinanwärtern während der Ausbildung zur Verfügung stellen können.
Gefragt sind zudem die erfahrenen Jäger und Jagdpächter – diese müssen den jagdlichen Nachwuchs nach der Prüfung an die Hand nehmen und ihm in den Revieren mehr praktische Erfahrungen vermitteln – und dies sind in der Regel eben nicht die üblicherweise in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Berufsjäger, sondern die privaten Jagdausübungsberechtigten, die ihre Zeit dem jagdlichen Nachwuchs opfern, ohne hierfür entlohnt zu werden. Wollen wir guten Nachwuchs, so müssen wir selbst etwas dafür tun.
Der Jagdaufseherverband NRW e.V. verfolgt mir seiner 130-stündigen Fortbildung zum “Hegemeister” seit nunmehr 10 Jahren das Ziel, geprüfte Jagdaufseher über den Einsatz in den Revieren hinaus zu qualifizieren, um diese als Dozenten und Vervielfältiger des erlernten und erfahrenen Wissens in Aus- und Fortbildung einzusetzen.
Auch der Lehrprinzenpool des JV NRW e.V. ist ein Ansatz, Jungjäger in die Reviere zu holen, um unter fachkundiger Anleitung kostenlos praktische Erfahrungen zu sammeln.
Der Weg über zusätzliche, kostenintensive Schulungen ist einer von mehreren möglichen – aber sicherlich ein falscher.